Bei dem Begriff ‘Öffentlichkeit’ handelt es sich um einen diffusen Themenkomplex. Bisher gab es keine Einigung auf eine einheitliche Definition – auch da der Öffentlichkeitsbegriff je nach Kontext für sehr verschiedene Gegebenheiten herhalten muss. Habermas beschreibt all jenes als “öffentlich”, was eine wie auch immer gestaltete Gruppe betrifft. Öffentlichkeit ist demnach durch die “Unabgeschlossenheit des Publikums” gekennzeichnet.
Klassische Massenmedien dienen als Teil der öffentlichen Sphäre dazu, die politische Sphäre zu überwachen und der Gesamtheit der Rezipienten zugänglich zu machen. ‘Die Öffentlichkeit’ verfügte über mehr oder weniger dieselben Wissensbestände – vorausgesetzt die oder der Einzelne informierte sich über das Tagesgeschehen. Heutzutage wird die Öffentlichkeit deutlich heterogener. Es ist eine gesellschaftliche Fragmentierung in den sozialen Netzwerken zu beobachten. Die oder der Nutzer baut ihre oder sich seine eigene ‘Öffentlichkeit’ aus ganz verschiedenen Quellen zusammen.
In den Netzwerköffentlichkeiten wird sich mit Gleichgesinnten ausgetauscht und spezifische Informationen und Sichtweisen werden verbreitet. Politische Akteure werden durch Netzwerköffentlichkeiten autarker. Heutzutage sind Öffentlichkeit im Allgemeinen und die digitale Öffentlichkeit im Besonderen nur als Netzwerk verstehbar, nämlich als Netzwerk von Beziehungen.
Das frühere Twitter wäre dafür ein gutes Beispiel. Aus netzwerktheoretischer Sicht bestand es aus den wesentlichen Hubs, relevanten Clustern und Akteuren der öffentlichen Sphäre. Auf Twitter tummelten sich (fast) alle: Wissenschaftler, Autoren, Künstler, Aktivisten, Politiker aller Ränge, Juristen, Medienleute, allerlei Prominente und Public Figures und Experen für praktisch alles.
Auf den
kommerziellen Plattformen hat die digitale Öffentlichkeit aufgehört eine vernetzte Öffentlichkeit zu sein und geht zunehmend in deren „For you“-Algorithmen auf. Das bedeutet, dass die neue digitale Öffentlichkeit nicht mehr durch menschliche Beziehungen und vernetztes Vertrauen getragen wird, sondern vollends den Steuerungsinstrumenten einer Hand voll Konzernen ausgeliefert ist.
An dieser Stelle kommen die LLMs zum Erstellen von Content zum tragen, mit dem dann die Empfehlungs-Feeds auf den kommerziellen Plattformen gefüttert werden. Man sollte sich den durch generative KI ermöglichten Content am besten als Angriff auf die Empfehlungsalgorithmen vorstellen, die die kommerziellen Social-Media-Plattformen kontrollieren und damit bestimmen, wie ein großer Teil der Öffentlichkeit die Realität interpretiert. Es geht auch darum, dass die Zielgruppe von KI-Content soziale Medien und Suchalgorithmen sind, nicht nur Menschen.
Das bedeutet, dass auf den kommerziellen Plattformen von Menschen erstellte Inhalte aufgrund der Masse immer häufiger von KI-generierten Inhalten übertönt werden. Da KI-generierte Inhalte leicht an das aktuelle Geschehen auf einer Plattform angepasst werden können, kommt es zu einem nahezu vollständigen Zusammenbruch des Informationsökosystems und damit der „Realität“ im Internet.
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