Was, wenn Jesus heute zurückkehren würde? (CW: Religion, Palästina, Israel, USA, Trump)
View article
View summary
Ein Thema, das wohl gerade um Weihnachten herum immer wieder aufkommt: Was wäre, wenn Jesus – wie es ja prophezeit ist – in der heutigen Zeit zurückkehren würde?
Die amerikanische Alt-Right stellt sich ja einen zurückkehrenden Jesus als eine Art Mischung aus evangelikal-christlichem Gotteskrieger in vollem Ku-Klux-Klan-Ornat und Südstaaten-Redneck vor. Einen weißen, rechtskonservativen Good Ol’ All-Amurkin Boy, der in einem kohlerollenden Ford F-Three-Fiddeh vom Himmel herabfährt – mit optionalem Double-Wide Trailer – und mit seinem bump-stocked AR-15 alle wegballert, die die amerikanischen Ultrarechten weghaben wollen. „Mah name is Jayzus Crahst, an’ Ahma finna make ’Murkuh ’Murkin agin!“
Und dann kommt Gott dazu in der Gestalt von John Rambo, wenn John Wayne oder Chuck Norris ihn gespielt hätte, mit einem Browning M2, das er aus der Hüfte abfeuert. Nein, nicht der originale John Rambo, den hat ja ein „Immigrant“ gespielt.
Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns einig: Wenn Jesus tatsächlich auf die Erde zurückkehren würde und dann auch noch in die USA, dann wären sehr viele Amerikaner sehr überrascht. Und enttäuscht. Oder besser noch: Sie würden ihn gar nicht erkennen.
Die folkloristische Version von Jesus ist ja Post-Beatles-John Lennon ohne Brille und in weißem Nachthemd und Sandalen. Selbst wenn der als US-Amerikaner in die USA zurückkehren würde, wäre er mehr als suspekt. Denn dieser Jesus würde sich ganz bestimmt nicht anders verhalten als der in der Bibel beschriebene Originaljesus: als linksalternativer Aktivist, der sich für die Armen, Schwachen und Ausgestoßenen einsetzt und sich dabei mit den Mächtigen und den Eliten anlegt.
Der echte Jesus hätte noch weniger zu lachen. Einmal würde er sich auch nicht viel anders verhalten als der folkloristische. Aber: Er wäre kein Proto-Hippie, er wäre nicht dunkelblond, er wäre nicht einmal „Caucasian“. Und er hätte noch mehr Probleme, egal, wo er landen würde.
Er würde sich nicht vorstellen in einer modernen Sprache als „Jesus Christus“. „Jesus“ haben ihn die Römer genannt, die sich standhaft weigerten, irgendeine Barbarensprache in den Mund zu nehmen. Und „Christus“ ist auch Latein – meines Wissens wurde er so sogar erst posthum genannt. Zu Lebzeiten nannten ihn die Römer eher „Iesus Nasarenus“ oder so, und zwar verächtlich, weil Nazareth damals als ziemliches Shithole galt. Er selbst hat so etwas wie „Jehoschua ben Josef“ geheißen – oder eher „Jeschua“, weil die aramäischen Muttersprachler wohl etwas maulfaul waren.
A propos althebräisch: Ein Christ wäre er sowieso nicht, sondern Jude. Er war ja sogar ausgebildeter Rabbi. Dafür würden ihn nicht nur radikale Palästinenser und Antisemiten auf der ganzen Welt hassen, sondern auch ein Großteil der linken Szene, die alle Juden mit Bibi Netanyahus faschistischem Kabinett gleichsetzen.
Und, äh, à propos Palästinenser: Das wäre er auch. Theologen sagen, er ist in Bethlehem geboren. Das liegt im Westjordanland. Historiker sagen, er ist in Nazareth geboren, wo übrigens seine Eltern herkommen. Das liegt auch im Westjordanland. So gesehen wäre er also auch noch Palästinenser mit allen Begleiterscheinungen, Jude hin oder her.
In den USA würde ICE ihn keschen und direkt nach El Salvador abschieben – wenn ihn nicht die von Donald Trump entsandte Nationalgarde zuerst kriegt. Oder irgendein rechtsextremer Fanatiker, der ihn überfährt oder abknallt.
Ich schätze aber, noch eine andere Sache wäre anders: Märtyrertum bringt heutzutage nichts mehr. Wenn die Amis so mit Jesus umspringen, wie sie es werden, dann ist es vorbei mit „Gott dem Barmherzigen“, der er ja erst mit der Geburt Jesu wurde, weil er da einen lieben Papi zu mimen hatte. Dann wird er wieder in seinen alttestamentarischen Modus umschalten.
Und dann wird es das Jüngste Gericht geben. Genau das, was ultrarechte, ultrareligiöse Fanatiker wie Peter Thiel haben wollen. Aber nicht so, wie sie es haben wollen. Ganz im Gegenteil.
#
Weihnachten #
Weihnachten 2025 #
Religion #
Bibel #
Jesus #
USA