Wo gehobelt wird, da fallen Späne – Reloaded
Im Mai 2016, also vor bald zehn Jahren, hatte ich zu Metallen im Dampf recherchiert und den Artikel „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“ veröffentlicht (ursprünglich in und für die Nebelkrähe)...
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Im Mai 2016, also vor bald zehn Jahren, hatte ich zu Metallen im Dampf recherchiert und den Artikel „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“ veröffentlicht (ursprünglich in und für die Nebelkrähe).
Damals gab es Horror-Schlagzeilen darüber, dass Metalle im Aerosol nachgewiesen werden konnten (weit, sehr weit unterhalb aller Grenzwerte, aber das wurde natürlich nicht erwähnt) und es gab eine Anzahl von übervorsichtigen Dampfern, die – froh endlich dem schädlichen Tabakrauch entsagt zu haben – quasi ein klinisch reines Produkt zu sich nehmen wollten und bei denen (ohne wirklichen Grund) die Alarmglocken schrillten.
Dann war auch lange Zeit eher Ruhe mit dem Thema. War quasi abgegessen und auch kein wirklicher Grund zur Panik, weil es halt so wenig war, dass man in der normalen Atemluft teilweise mehr Metalle nachweisen konnten, als im Aerosol.
Doch seit ein paar Jahren ploppt das Thema immer wieder auf. Und dieses Mal sogar in einer anderen Qualität. Denn auch die Menge der Metalle im Dampf war nun viel höher, als in den Jahren zuvor.
Seit fast zwei Jahren geistert es durch Presse und Öffentlichkeit, dass einige Studien im Aerosol Metalle nachgewiesen haben, teils sogar in grenzwertüberschreitender Menge.
Das führte dann zu Schlagzeilen wie:
Was dabei auffällt… es ist fast ausschließlich von Disposables die Rede.
Und tatsächlich beginnt der neue „Skandal“ als die Einweg-Dinger so richtig boomten.
Ich habe das zur Kenntnis genommen, mir auch die Studien angeschaut und musste feststellen, dass an der Sache tatsächlich etwas dran war. Man konnte es auch nicht auf den Kokelstudien-Effekt schieben, denn das unsachgemäße, realitätsferne „Abdampfen“ mit Maschinen hat nun wirklich keinen Einfluss auf Metalle im Dampf. Beim Kokeln entstehen ganz andere Substanzen. Es wurde außerdem jeweils das Aerosol (kokelstudiengefährdetes Produkt), aber auch das Liquid aus dem Depot (Pods oder Disposable-Tank, was auf das gleiche hinausläuft) untersucht. Die Metalle wurden schon im unverdampften Liquid gefunden und anschließend natürlich auch im Aerosol (wenn natürlich aufgrund des Volumens stark verdünnt). Bei einigen Metallen wurden sogar die Grenzwerte (im Liquid) überschritten.
Also, woran mag das liegen? Wurde die Qualität der Liquids in den letzten Jahren durch die Hersteller vernachlässigt? Werden inzwischen verunreinigte Grundsubstanzen verwendet? Und wieso tauchten die Probleme denn in Studien nicht bei nachfüllbaren Systemen und Nachfüll-Liquids auf? Seltsam!
Seltsam vor allem auch deshalb, weil es inzwischen ja viele von den maßlos überwürzten Dispo-Liquids auch als Nachfüllflüssigkeiten gibt, weil’s ja so geil schmeckt.
Es war also anzunehmen, dass es einen anderen Grund, als nachlassende Rohstoffqualität geben muss.
Und tatsächlich hat sich das jetzt auch plausibel bestätigt.
Kurz gesagt: Die Hauptprobleme sind Disposables, vorbefüllte Einweg-Pods und das alles in Kombination mit dem Nikotinsalz-Hype.
Die Erklärung ist nämlich ganz einfach.
Dass sich nennenswerte Mengen von Metallen aus der Heizwendel durch das Erhitzen lösen, trifft nach wie vor nicht zu. Sonst würden die höheren Metallkonzentrationen ja auch bei offenen Systemen vermehrt gefunden werden. An der Qualität der Liquids liegt es ebenfalls nicht. Die Metalle stammen wirklich aus der Hardware.
Und das hat folgenden Grund: Während Nachfüll-Liquids in Flaschen (meist Kunststoff) gelagert werden und beim Konsum nur relativ kurz mit dem Metall der Heizwendel in Kontakt kommen und weil die Verdampfer offener Systeme und von Selbstwicklern überwiegend nur Edelstahl im Bereich der mit Liquid in Kontakt kommenden Teile zur Anwendung kommt, gibt es keine Zeit, dass Metalle auf irgendeine Art und Weise in den Liquids irgendwie in Lösung gehen. Den Mythos mit der Ablösung durch Erhitzung habe ich ja schon im ersten Teil entzaubert.
Betrachtet man nun aber Disposables und vorbefüllte Pods, dann gibt es da deutliche Kostruktionsunterschiede zu den offenen Systemen und den Selbstwicklern, und auch in Bezug auf die Lagerung. Die Pods und die quasi fest verbauten Pods in Einweg-Zichteln sind anders aufgebaut. Da finden sich Kabel, Verbindungen und sehr oft auch Lötstellen in Bereichen, die sich mit dem enthaltenen Liquid quasi dauerhaft in Kontakt befinden, bis der Saft mal alle ist. Tja… und die Dinger werden hergestellt, befüllt, verpackt und gelagert. Dann wird eine Charge irgendwann auf die Reise zum Großhändler geschickt. Oftmals kommen sie aus Fernost. Und überwiegend in Containern auf einem Frachtschiff, das teilweise wochenlang unterwegs ist. Auch in wärmeren Regionen. Und einen Kühl-Container wird kein Spediteur für Disposables und Pods spendieren.
Beim Großhändler angekommen, lagert das Zeug dann auch längere Zeit… Wochen, womöglich Monate, bevor es schließlich beim Einzelhandel landet. Da kommen die Dinger ins Regal und stehen da auch noch eine ganze Weile herum, bis sie endlich verkauft und danach konsumiert werden.
Bedeutet: Die Suppe ist für sehr, sehr lange Zeit in Kontakt mit Metallteilen (und das ist halt nicht nur hochwertiger Edelstahl, ein erhöhter Risikofaktor sind dabei auch Heizdrähte mit Nickelanteil), werden rumgeschwenkt, werden warm, dann wieder kalt, dann wieder warm, zwischendrin auch mal sehr warm. Die Plörre hat also im Vergleich zu Nachfüll-Liquids jede Menge Zeit, um etwas vom Metall zu lösen. Die Energiezufuhr gibt es gratis.
Nun sind die Grundstoffe eines Liquids, einschließlich fast aller Aromen, nicht besonders reaktiv. Also wäre eigentlich nicht zu erwarten, dass da nennenswert viel Metall im Liquid landet. Aaaber… da kommt noch der Nikotinsalz-Faktor ins Spiel. Die normalen Liquids, enthalten wenig reaktive Stoffe, aber die Nikotinsalz-Liquids enthalten meist Benzoesäure. Und DIE IST reaktiv. Das Zeug ist in der Lage, deutlich mehr vom Metall zu lösen, als das gute alte Normal-Liquid.
Wir haben also Liquid, das einen reaktiven (Metall lösenden) Stoff enthält, und das über Monate mit Metallen (vielen auch recht „unedlen“) in Kontakt bleibt, herumgeschwenkt wird und meist gut warm gehalten wird. Und so kommt es, dass genau diese Produktgruppe nun erhöhte Metallwerte aufweist.
Nachlesen kann man die Erkenntnis auch in diesem wissenschaftlichen Aufsatz:
Disposable E-Cigarettes and metal emissions: From corrosion artifacts to unrealistic toxicological assessment (arch) (pdf)
Sussman und Soulet zerlegen hier u.a. die aktuellste Studie:
Elevated Toxic Element Emissions from Popular Disposable – E‑Cigarettes: Sources, Life Cycle, and Health Risks (arch) (pdf)
Insbesondere auch die Betrachtung der gesundheitlichen Auswirkungen in dieser Studie, die sie als völlig überrissen enttarnen. So wird z.B. ein Risiko prognostiziert, das die regelmäßige Nutzung bis zu einem Lebensalter von 78 Jahren projiziert. Ist schon ziemlich gewagt.
Und es wurde auch nicht die Menge der gefundenen Metalle ins Verhältnis zum Volumen des Aerosols gesetzt.
Ansonsten gilt das, was ich schon vor fast zehn Jahren geschrieben habe, auch weiterhin: Offene Systeme und Selbstwickler bergen bei normaler Nutzung keine Risiken, die aus einer Belastung des Aerosols mit Metallen resultieren.
Risiken können aber bei den genannten Produktgruppen (Disposables und vorbefüllte Pods) bestehen. Sicher auch nicht so dramatisch, wie die Presse suggeriert, aber immerhin gibt es eine Belastung. Wer dieses Gefährdungspotenzial ausschließen möchte, muss auf eben diese Produkte verzichten.
Leider hat auch die Politik (insbesondere durch die Liquidsteuer) mit dazu geführt, dass diese Produkte besonders viel konsumiert werden. Und ein wahrscheinlich kommendes Verbot nur von Disposables wird das Risiko auch nicht reduzieren, denn dann schwenken die Hersteller halt auf die bequemen vorbefüllten Pods um (ist ja eh schon im Gange).
Ach… und das „ja so endgeile“ Nikotinsalz scheint wohl auch nicht ganz so unproblematisch zu sein. Zumindest, wenn man es nicht in einem offenen System konsumiert, sondern aus vorbefüllten Pods (ob einzeln oder fest verbaut in den Einwegdingern).
Wer solche Produkte nutzt, der hobelt halt mehr ab. Die Entscheidung muss jeder selbst treffen. Bequemlichkeit hat eben ihren Preis.
Titelbild von Nigel Durrant auf Pixabay
Besser (k)eine Klobrille rauchen!
Man ist ja als Dampfer nun schon dankbar dafür, wenn man mal keine Horrormeldung über erträumte Verbote und Beschränkungen, über Kungeleien bezüglich des Pfrunzeln von der Regierung oder dem europäischen Kaiserinnenpalast unter Kaiserin Uschi lesen muss, sondern einfach mal was vom Postill… neee… das ist gar nicht das Satiremagazin… und das ist auch nicht als Satire gemeint… die meinen das ernst. Aber trotzdem endlich mal was, um herzlich und von ganz tief innen drinne zu lachen! ...
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Man ist ja als Dampfer nun schon dankbar dafür, wenn man mal keine Horrormeldung über erträumte Verbote und Beschränkungen, über Kungeleien bezüglich des Pfrunzeln von der Regierung oder dem europäischen Kaiserinnenpalast unter Kaiserin Uschi lesen muss, sondern einfach mal was vom Postill… neee… das ist gar nicht das Satiremagazin… und das ist auch nicht als Satire gemeint… die meinen das ernst. Aber trotzdem endlich mal was, um herzlich und von ganz tief innen drinne zu lachen!
Nun aber zum Artikel, der mein Zwerchfell strapaziert hat:
Schockierende Studie: Der Rauch von E-Zigaretten ist 3,000 Mal stärker verschmutzt als der einer Toilettenbrille. [arch]
Es geht also um den Rauch von „E-Zigaretten“ im Vergleich zum Rauch von „Toilettenbrillen“. Nun sei dem am unteren Rand der Skala „gebildeten“ und wenig recherchefähigen „Journalisten“ (wenn es denn nicht aus einer KI stammt… wobei… so einen Schwachsinn formuliert die nicht) verziehen, dass er mal wieder „Dampf“ mit „Rauch“ verwechselt. Sieht ja auch so ähnlich aus. Es geht aber wohl eher um ein Flüssig-Aerosol, das wir umgangssprachlich als „Dampf“ bezeichnen.
Also… wenn man eine Toilettenbrille (für Klos mit Sehschwäche) verdampft… oder besser den Belag derselben zum vernebeln bringt und das Aerosol untersucht, dann findet man da 3.000 Mal weniger Verschmutzungen als beim Aerosol eines Pfrunzel. Sagt eine „Studie“, also die Wissenschaft. Und Ihr wisst ja: VER-TRAUT der Wissenschaft!
Na ja… zumindest ist das der Informationsgehalt des Beitrags-Titels.
Schon der ganz mäßig kritische Leser fragt sich, wie man denn eine Klobrille – ich sag jetzt mal lieber einen Toilettensitz – dazu bringt ein Aerosol zu erzeugen. Meinen die das ernst? Oder geht es um etwas anderes?
Der Artikel warnt gleich zu Beginn erst einmal eindringlich:
Eine neue Laborstudie sollte E-Zigaretten-Nutzer dazu bringen, zweimal nachzudenken, bevor sie sich eine „Vape“ in den Mund stecken.
Und dann kommt die Auflösung:
Laut Wissenschaftlern ist der Dampf von E-Zigaretten 3,000 Mal stärker mit Bakterien und Pilzen belastet als ein Toilettensitz.
Aha… es geht gar nicht um ein Klobrillen-Aerosol, sondern um den Vergleich zwischen Pfrunzel-Aerosol und der Oberfläche des Sitzes auf der Donnerschüssel. Ok. Da st die Überschrift ein wenig mis(s/t)verständlich formuliert.
Na jedenfalls will ein Forschungsinstitut festgestellt haben, dass unser Aerosol mehr Mikroorganismen enthält, als man auf einer Klobrille findet.
Boah! Das schüchtert echt ein. Ich meine… wer leckt schon an einer Klobrille? Na ja, anscheinend lieber am Klositz schlecken, als zu dampfen… vermittelt diese Studie.
Das „warme, feuchte Milieu“ des Mundstücks sei optimaler Nährboden für Mikroorganismen (Menschen, die bestimmte sexuelle Praktiken bevorzugen, sollten aufmerksam werden… denn warm und feucht jibbet auch anderswo). Und jede Berührung des Mundstücks und jeder „Geruch“ (???… ich schätze, das sollte Gebrauch heißen) würde das Mundstück mehr mit Mikroorganismen verschmutzen. Deshalb: stets putzen!
Na jedenfalls hat das tolle „wissenschaftliche“ Institut einen Einweg-Stift gekauft und da wohl Proben vom Mundstück genommen. Und nach nur drei Tagen haben sie da nun angeblich eine Menge von „koloniebildenden Einheiten (KBE)“ gefunden, welche das Limit des Labors sprengte: 150.000 an der Zahl.
Das schreiben sie zumindest… also meinen sie vermutlich, denn die Aussage
Am dritten Tag wurden im Mund des Whirlpools etwa 150,000 koloniebildende Einheiten (KBE) gefunden – die maximale Messgrenze des Labors.
hat mich echt überfordert. Ich dachte, es ginge um Pfrunzeln und Mundstücke und nicht um den Mund eines Whirlpools (Kann ein Whirlpool denn auch sprechen, wenn er einen Mund hat?).
Sie (die Verfasser des Artikels, die wohl eine schlechte Übersetzungssoftware nutzen) scheinen mit „Mund des Whirlpools“ wohl eher das Mundstück des Pfrunzel zu meinen.
Also… am Mundstück wurden mindestens 150.000 KBE gefunden. Und sie geben dann, damit man diese Zahl auch richtig einordnen kann, einen Vergleichswert an: den KBE der Fläche von einem Quadratzoll einer Klobrille. Und der beträgt nur 50 KBE. Und damit war ihr Mundstück mit 3.000x Bakterienzeltlagern mehr besiedelt, als der durchschnittliche Toilettensitz (nicht der beim Rastplatz… echt nicht…).
Der Exzellenz-Wissenschaftler Reynold Mpofu vom Institut stellte daraufhin fest, dass das Mundstück der verschmutzteste Teil eines Pfrunzels sei. Am Gehäuse selbst fände man zwar auch Mikroben, aber das Mundstück ist ja widerlich! Kein Wunder, meint er. Man steckt es ja auch in den Mund und das sei der schmutzigste Körperteil überhaupt mit ca. 700 Bakterienarten, die man da findet (Oh, im Arschloch findet man weniger? Hätte ich jetzt nicht gedacht.).
Dass auch das Gehäuse belastet ist, erklärt er damit, dass man es ja anfassen muss, in die Hosentasche steckt, auf den Tisch oder den Boden oder andere Oberflächen stellt. Bah… ist das alles dreckig hier. Muss jetzt gleich erstmal mit Isopropyl duschen!
Fatal ist, dass am Mundstück auch relativ feste Biofilme entstehen, wenn es warm ist (also quasi immer, weil Klimaapokalypse und Erderwärmung). Die ließen sich nur schlecht entfernen.
Sein Rat: Alle drei Tage das Pfrunzel sterilisieren! Völlig zerlegen und alles in Iso schrubben. Nicht nur alle sieben Tage, wie es die Hersteller empfehlen (Gibt es solche Hersteller-Empfehlungen? Ich hab da keine Ahnung, weil ich selbst noch nie eine Disposable oder deren Verpackung in der Hand hatte.).
Ich selbst hätte da noch weitere Empfehlungen. Das Pfrunzel bei Nichtgebrauch (also auch zwischen zwei Zügen) mit einem handelsüblichen Desinfektionsspray einsprühen und dann in einem sterilen Gefäß oder einem sterilen Beutel zwischenlagern. Und nur mit einem Lecktuch dampfen, in welches man vorsichtig in der Mitte ein kleines Loch macht. Wie man aus einem Kondom selbst ganz einfach ein Lecktuch herstellt, wird z.B. vom katholischen Jugendnetzwerk KJGay auf Instagram (und X) vorgeführt.
Und: GANZ WICHTIGER HINWEIS!
LECKT NICHT AN DER KLOBRILLE!
Nicht weil es eklig erscheint! Immerhin ist es ja laut „Studie“ immerhin hygienischer als das Dampfen. Nein, weil ihr damit aus Eurem widerlich dreckigen Maul jede Menge KBE auf die Brille bringt und Euch beim nächsten Schiss vielleicht ne schlimme Krankheit mit Dünnschiss und so einfangt.
Also: SCHÜTZT EURE SCHEISSHAUSSCHÜSSEL VOR DEM SCHMUTZ AUS EUREM MUND! NICHT DRAN LECKEN!
BTW: Auch wenn ich bei dem Namen des „Forschers“ an Lampukistan denken musste… den gibt es wirklich… und auch dieses Institut. Was ich aber – obwohl ich darin geübt bin – nicht finden konnte, war die sogenannte „Studie“ an sich. Wobei… große Mühe hab ich mir dabei auch nicht gegeben. War auch schwierig, sich zu konzentrieren, wenn man zwischendurch immer wieder von Lachanfälle geschüttelt wird.
Über das Medium „Gazeta Express“ ist ein Portal aus dem Kosovo. Kannte ich vorher nicht.
Na egal… unterhaltsam war die Le(c)ktüre auf jeden Fall. Jetzt muss ich nur noch wieder die Bilder aus dem Kopf bekommen…
Womöglich wegweisendes Urteil
Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 30.09.2025 (Az. 4 K 2085/24 VTa) zeigt, dass der Zoll (und das Finanzministerium) mit der Festlegung, dass Vorprodukte von Substituten ebenfalls der Tabaksteuer unterliegen, weil auch sie Substitute seien, wohl übers Ziel hinausgeschossen sind...
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Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 30.09.2025 (Az. 4 K 2085/24 VTa) zeigt, dass der Zoll (und das Finanzministerium) mit der Festlegung, dass Vorprodukte von Substituten ebenfalls der Tabaksteuer unterliegen, weil auch sie Substitute seien, wohl übers Ziel hinausgeschossen sind.
Anlässlich einer Kontrolle eines Shops wurden neben tatsächlich steuerpflichtigen Produkten auch etliche nicht versteuerte Gebinde Glycerin gefunden. Und für eben dieses Glycerin wurden Steuern in Höhe von fast 16.000 Euro nachgefordert.
Dagegen legte der Shop Widerspruch ein, der abgelehnt wurde. Und so beschritten sie den Rechtsweg und bekamen beim Finanzgericht Düsseldorf letztlich recht.
Dabei ist die Begründung des Gerichts ausgesprochen beachtenswert, denn sie stellen klar, dass die Exekutive Gesetzestext und Begründungstext übermäßig strapazieren bzw. wissentlich falsch auslegen.
Der Kernsatz des Urteils lautet in meinen Augen:
Der Begriff „Substitute für Tabakwaren“ macht deutlich, dass die von § 1 Abs. 2c TabStG erfassten Erzeugnisse andere Tabakwaren substituieren, d.h. ersetzen sollen.
Die Falschauslegung ist zumindest nachvollziehbar, denn damit will die Exekutive das Ausweichen auf das Selbstmischen erschweren. Denn die Handlung selbst, also das Selbstmischen mit unversteuerten Komponenten, ist in der Praxis absolut nicht zu verfolgen.
Das Gericht hingegen setzt sich diese Brille nicht auf, sondern betrachtet den Gesetzestext und die Begründung zum Gesetz nüchtern und stellt fest, dass besagtes Glycerin einfach kein Substitut für Tabakwaren ist, selbst wenn es in einem Shop angeboten wird, welches tabaksteuerpflichtige Produkte anbietet. Das Gericht sagt knallhart, dass das Glycerin kein tauglicher Steuergegenstand ist, weil es alleine kein Tabakprodukt ersetzen kann.
Glycerin ist jedoch nicht geeignet, als Ersatzstoff für Zigaretten, Wasserpfeifentabak oder diesen gleichgestellte Erzeugnisse zu fungieren.
Wie der Kläger unwidersprochen dargelegt hat, ist reines Glycerin sowohl aufgrund seines Aggregatzustandes als auch aufgrund des Geschmacks und der fehlenden pharmakologischen und psychoaktiven Wirkung nicht als Ersatzstoff im oben genannten Sinne geeignet.
Selbst wenn das Produkt zu einem Substitut weiterverarbeitet werden kann und ggf. dafür auch bestimmt ist, ist es zum Zeitpunkt des Verkaufs als Einzelprodukt noch kein Substitut und unterliegt auch nicht der Tabaksteuer.
Indes kann die Bestimmung eines Produkts, zu einem Steuergegenstand weiterverarbeitet zu werden, nicht darüber hinweghelfen, dass das Produkt zuvor gerade noch kein Steuergegenstand ist.
Ohne die maßgebliche Herstellungshandlung – hier die Vermischung mit weiteren Komponenten – erfüllt das Glycerin objektiv nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2c Satz 1 TabStG.
Diese Feststellung lässt sich natürlich auch auf andere Mischkomponenten, wie Propylenglycol, Aromen oder Wasser übertragen, denn auch diese Einzelprodukte sind keine geeigneten Produkte, um Tabakprodukte zu ersetzen. Anders dürfte es nur bei Nikotinshots aussehen, weil diese durchaus auch ohne weitere Zutaten konsumiert werden können und eine pharmakologische Wirkung, welche dem Tabakkonsum entspricht, entfalten.
Dadurch, dass das Gericht der Argumentation des Klägers folgt, der bemängelt, dass Produkte, die für sich allein genommen keine Substitute sein können (aufgrund ihrer Eigenschaften), was dem Gesetzestext und der Gesetzesbegründung im Wortlaut auch nicht so vorgesehen ist, stellt es damit klar, dass Vor- und Teilprodukte grundsätzlich erst einmal keine Steuergegenstände sind.
Die wirklich interessante Frage, die sich daraus ergibt, ist, ob denn dann nikotinfreie Fertigliquids selbst überhaupt Steuergegenstand sein können. Das Gericht stellt in der Begründung zwar fest, dass der Gesetzgeber Zubereitungen auch ohne Nikotin als Ersatz für Tabakwaren ansieht und damit zum Steuergegenstand gemacht hat, aber es stellt auch fest, dass es auch auf die pharmakologische und psychoaktive Wirkung ankommt, die bei nikotinfreien Liquid definitiv nicht gegeben ist. Damit würde nikotinfreien Fertigliquids eine wesentliche Eigenschaft eines Tabaksubstituts fehlen. Hier wurde ein Fehler in der Systematik des Gesetzes offenbar.
Ob und wie weit sich nun der Wind dreht, was Vorprodukte und Teilkomponenten betrifft, ist noch nicht abschließend zu beurteilen. Es bleibt abzuwarten, was das parallel noch betriebene Revisionsverfahren zu diesem Thema beim Bundesfinanzhof letztlich ergibt und wie dort entschieden wird. Sollte man dort entsprechend urteilen und argumentieren, so würde die Steuerpflicht für Mischkomponenten fallen.
Es bliebe dann zwar immer noch Steuerhinterziehung und unerlaubtes Herstellen von Substituten, wenn man mit diesen nun steuerfreien Komponenten sein nikotinhaltiges Liquid herstellt, aber das ist eine Sache, die definitiv nicht verfolgbar ist.
Sollte es so kommen, wäre das einerseits eine Erleichterung für den Handel, aber auch eine wesentliche Entlastung für die Konsumenten, für welche der Großteil der Komponenten ohne eklatanten Steueraufschlag zu erwerben wären.
Hier trifft also die ideologische Sicht der Exekutive, die immer mehr dem Wahn der ANTZ (insbesondere der WHO) zu folgen scheint, auf den neutralen und sachlichen Blick der Judikative, die in diesem Fall einmal nicht dem politischen Druck folgt (was beachtenswert ist, denn in anderen Bereichen wirken Urteile in den letzten Jahren immer mehr politisch motiviert).
Hoffen wir, dass der Bundesfinanzhof dieser Linie treu bleibt und der Steuerwahnsinn in Deutschland vielleicht doch noch in halbwegs normale Bahnen geleitet wird. Um die Steuer für nikotinhaltige Produkte werden wir nicht herumkommen, aber die Einzelkomponenten ohne Nikotin und – das wäre wirklich zu hoffen, denn schließlich können auch diese die Tabakprodukte nicht ersetzen – auch die nikotinfreien Fertigliquids könnten aus dem Mist rausfallen, den Erwerb erschwinglicher machen und es dem Handel auch ermöglichen, wieder preislich konkurrenzfähige Komponenten anzubieten.
Titelbild von Temel auf Pixabay
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